Donnerstag, 5. Juni 2008

Der Mai

Der Mai - ist schon vorbei .... und war, wenn wir es uns recht besehen, ein ziemlich turbomanischer, norwegischer Monat für uns. Wie denn das geht - fragt ihr? Was soll denn das sein: ein norwegischer Monat. Noch dazu: turbomanisch!!! Also, passt mal auf, wie das geht: wir sind zunächst ganz schön im Land herumgkommen, auch im übertragenen Sinne. Wir haben viele neue Plätze, Orte und Sitten kennengelernt und schießlich war auch das Wetter schön norwegisch - haha! Blauer Himmel, weiße Wölkchen und eine immerfort lachende Sonne, die kaum noch Schlaf braucht - so wie wir übrigens!


Anfang Mai, nach Tartu, waren wir zwei Tage in Oslo bei Nelly und ihrem Bräutigam. Oslo ist im Vergleich zu Bergen eigentlich nicht besonders hübsch oder interessant - abgesehen von Mette-Marit und einigen Museen natürlich. Aber seit kurzem hat die Stadt eine marmorweiße Oper, direkt am blauen Wasser. Ein raffiniertes Gebäude, das zu allerlei Fotospielereien einlädt und um so schöner wird, je mehr Menschen sich auf ihm tummeln. Ja, AUF! Richtig gelesen: Man kann ganz bequem bis aufs Dach lustwandeln.
Diese Mänchen mit den roten Hosen sind sehr prägend im Straßenbild nicht nur in Oslo. Sie werden die "Russen" genannt und das ist in diesem Fall kein Schimpfwort. Ganz im Gegenteil! Es sind die Schüler der Abschlussklassen, die den ganzen Frühling nichts besseres zu tun haben als irgendwelche verrückten Mutproben zu bestehen! Hier: mit Sturzhelm, Skiern und Dreirad wird die Ersteigung des Mount Everst imitiert. Tiefschnee, steile Wände, Eis und Kälte, all dies kann dieses Gebäude vorgaukeln.
Innen wunderschön skandinavisch - und ganz ruhig, trotz des Menschen-Rabarba-rabaraba. Gute Akkustik schon im Foyer!

Schön in Oslo war auch die Grünanlage, die sich entlang des Flusses Aker erstreckt. Wie am Landwehrkanal in Berlin! Und die Gegend dahinter: wie unser geliebtes Kreuzberg - bunt, international und dreckig!

Der nächste norwegische Höhepunkt folgte bald: der 17. Mai oder auf norwegisch: syttende Mai. Bei dem Laut zum Buchstaben "y" müsst ihr die Lippen in eine sogenannte trichterähnliche, vertikale Lippenrundung bringen, so dass ein Laut zwischen i und ö entsteht. (Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass dem Autoren gewisse Kenntnisse in Phonetik zugrunde liegen und keine Gelegenheit unversucht bleiben soll, damit ein wenig zu koketieren. Hoffe, es ist gelungen, dass ihr euch alle vor Bewunderung auf den Boden schmeißt und in den Teppich beißt! Nur zu!)

Abgesehen von der Aussprache ist der 17. Mai ein schöner Tag. Es ist der Nationalfeiertag, dieses ja noch recht jungen eigenständigen Staates. Am 17. Mai 1814 bekam Norwegen seine Verfassung und einen selbst bestimmten König. Seither wird an diesem Tag die Freiheit, das Grundgesetz, die Nation und nicht zuletzt das Königshaus gefeiert. Übrigens nicht nur in Norwegen. Auf der ganzen Welt schwenken an diesem Tag die Norweger ihre rot-weiß-blauen Fahnen und legen die Hand aufs Herz, wenn sie singen: "Ja, vi elsker dette landet".
Oder hier zum Hören.



Es war eine unglaubliche Stimmung in der Stadt! Alle hatten sich in Schale geworfen. Schlipse, Anzüge, schöne Sommerkleider und nicht wenige kamen in ihren regionalen Nationaltrachten, das sogenannte "bunand". Diese werden nicht nur zu folkloristischen Anläsen getragen, sondenr auch bei Hochzeiten, Konfirmationen und eben am 17. Mai. Aus diesem bunand-Tragen wird ein ziemliches Theater gemacht. Wochen vorher müssenn sie an den aktuellen Körperumfng angepasst werden, die schweren Leinen hemden werden gebüglt, gedämpft und so weiter. Es scheint auch nicht gerade einfach zu sein, in dieses Kostüm reinzukommen. Auch gibt es viele Details, die nicht vergessen werden dürfen. Am schönsten fand Minka die mit dem selben Muster wie das Kleid bestickten Handtäschen, die mit einer Klammer am Gürtel befestigt werden. Es gibt viele schöne Trachten, die Farben und Stickerein unterscheiden sich von Region zu Region. Etwas komisch wirkte es auf uns auch. So viele Norwegerinnen und auch einige Männer in diesen Bauerntrachten. Der Clou dabei meist: die fette Gucci-Sonnenbrille!
Uns beiden haben meist die Männer besser gefallen übrigens...Der 17. Mai ist der Tag der Kinder! Sie dürfen so viel Eis und Würstchen essen, bis sie grün werden. Sie laufen oft im Umzugzug innerhalb ihrere Sportvereine oder Musikkappellen mit. Und sind natürlich gaaaanz stolz! Klaro!
In Bergen gibt es eine einzigartige Bewegung verglichen mit dem übrigen Norwegen: die Buekorps. Eine die ehemalige Bürgerwehr imitierende Gruppe von Jungs, die mit Trommeln, Fahnen und Uniformen herummarschieren und Krach machen - eine wohl recht treffende, wenn auch sehr profane Definition, die bestimmt die Buekops oder die Mehrheit der Bergenser so nicht unterschreiben wüde....Der Betrachter achte hier bitte insbesondere auf die Zunge des mittleren Knaben ...

Es war ein herrlich sonniger Tag, im übrigen Norwegen war es a...kalt und verregnet - auch dies bestätigte den Patrioten unter den Bergensern, die eindeutige Sonderstellung der Stadt. Die Stimmung war super, alle waren fröhlich, ausgelassen, selbst die Bedienungen in den Cafés ahtten immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Diese besondere 17.-Mai-Stimmung, von der viele Norweger so schwärmen, konnten wir staunend miterleben und ließen uns freilich anstecken. Was macht so den ganzen Tag lang? Man schaut sich am Vormittag den Umzug in der Stadt an und schlendert anschließend durch die Stadt, überall gibt Pølser und Vergnügungsangebote. Und wenn man bekannt trifft sagt man: Gratulerer med dagen! Herzlichen Glückwunsch! Die Familien gehen am Nachmittag in die Schulen der Kinder, denn dort gibt es Spiele, Kuchen und Kaffe. Am Abend werden dann alle Nchrichten rund um den 17. Mai gezeigt, im Fokus steht dabei vor allem Olso, denn dort wohnt der König. Am Schloss vorbei zieht der Umzug und dort winkt sich die königliche Familie 3 Stunden lang die Gelenke wund. Am Abend vorher wird gern viel getrunken, aber natürlich gilt auch am 17. Mai das Verbot, in der Öffentlichkeit nicht zu trinken. Wir: Staun!
Es gebe noch eine Menge anderer, berichtenswerter Erlebnisse, aber nicht mehr heute...

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